Mobilität

Die Zukunft der Mobilität

19. Juni 2024
Wasserstoff-Antriebe, Ridepooling-Services oder autonom fahrender „Blindenhund“ – in Hamburg werden Mobilitätslösungen in allen Facetten vorangetrieben

Nach dem Kongress ist vor dem Kongress – das gilt in Hamburg auf jeden Fall für hochkarätige Mobilitätsevents. Der ITS Weltkongress für intelligente Verkehrs- und Mobilitätssysteme lockte 2021 mehr Teilnehmer:innen als je zuvor in seiner 35-jährigen Geschichte. Das Mobility Festival HEY/Mobility Hamburg beleuchtete schon zum vierten Mal in Folge die gesamte Bandbreite der Mobilität, und nun steht schon bald ein weiterer Weltkongress vor der Tür: 2025 und 2027 richtet Hamburg den UITP Global Public Transport Summit aus, den global wichtigsten Mobilitätskongress für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Stadt erhält acht Millionen Euro vom Bund, um die Zukunft der urbanen Mobilität zu präsentieren. Hamburg ist ein gutes Pflaster zum Erforschen und Ausprobieren neuer Mobilitätslösungen – im Smart City Index 2023 belegt Hamburg den ersten Platz im Bereich Mobilität.

Hamburg als ideales Testfeld für innovative Mobilitätslösungen

Und so erklärte dann auch Norbert Aust, Präses der Handelskammer Hamburg, bei der Eröffnung des zweitägigen HEY/Mobility Hamburg Festivals am 12. Juni 2024 in der Handelskammer: „Hier sind alle Verkehrsträger prominent vertreten. Ideale Voraussetzungen, um Hamburgs Vorreiterrolle für innovative und nachhaltige Mobilitätslösungen auszubauen – auf der Straße und Schiene, zu Wasser und in der Luft.“ Dazu kommen bald zwei Millionen Testpersonen – laut einer Prognose des Statistikamts Nord werde Hamburg bis 2030 die Grenze von zwei Millionen Einwohner:innen überschritten haben - mit entsprechend vielfältigen Mobilitätsbedürfnissen. Aust sieht vor allem drei Felder, die für die Zukunft der Mobilität relevant sind: Alternative Kraftstoffe, Neue Wege im ÖPNV und die Elektrifizierung des Verkehrs. Hamburg News hat sich diese drei Bereiche angesehen.

Autonom fahrender Moia vor Handelskammer Hamburg
Autonom fahrender Moia vor Handelskammer Hamburg

Elektrifizierung des Verkehrs

Nach einem Bericht der Europäischen Umweltagentur war 2019 der Verkehr für etwa ein Viertel der gesamten CO2-Emissionen der EU verantwortlich. Der Großteil von gut 70 Prozent wurde im Straßenverkehr erzeugt, 14 Prozent bzw. 13,4 Prozent durch Schifffahrt und zivile Luftfahrt. Dem setzt die Hochbahn Hamburg entgegen: „Batteriebusse und Wasserstoffbusse sind die Zukunft unserer Mobilität.“ Bis Anfang der 2030er-Jahre soll die gesamte Flotte auf emissionsfreie Antriebe umgestellt sein. Um parallel den privaten Pkw-Verkehr zu reduzieren, soll der Hamburg-Takt die Mobilitätswende vorantreiben. Bis 2030 sollen die Hamburger:innen von morgens bis in die Abendstunden binnen fünf Minuten ein öffentliches Mobilitätsangebot mit optimalem Service bei hoher Qualität erreichen können.

Uber-Angebot in Finnland - Rentier-Schlittenservice inklusive
Uber-Angebot in Finnland mit Rentier-Schlittenservice inklusive

Neue Wege im ÖPNV

Gelingen kann das nur durch eine Kombination von klassischem ÖPNV-Angebot und On-Demand bzw. Ridepooling-Services, wie sie etwa Moia und Uber in der Hansestadt anbieten. So lassen sich mit der Uber-App in Hamburg Taxifahrten bestellen oder anbieten sowie mit Uber Eat Essenslieferungen buchen. In anderen Ländern umfasst die Vermittlungs-App des US-amerikanischen Dienstleistungsunternehmens je nach Bedarf weitere Mobilitätsangebote. In Finnland ist Ende 2022 etwa mit Uber Sleigh der weltweit erste On-Demand Rentier-Schlittenservice gestartet.  

Volkswagen-Tochter Moia treibt dagegen das autonome Fahren voran. Testfahrten führen in diesem Jahr durch Winterhude, Uhlenhorst und Hohenfelde, also durch Stadtteile mit komplexen Straßenverhältnissen und zahlreichen verkehrlichen Herausforderungen. Bis zu 10.000 autonome Shuttles sollen bis 2030 auf Hamburgs Straßen unterwegs sein – das zumindest ist das Ziel des Modellprojekts „Alike“, mit dem der Bund und die Stadt Hamburg Autonomes Ridepooling auf die Straße bringen wollen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das auf drei Jahre angelegte Projekt mit 26 Millionen Euro, die per App zu buchenden Shuttles sollen ab 2025 in Betrieb gehen.

Airbus Designkonzepte ZEROe
Airbus Designkonzepte ZEROe

Alternative Kraftstoffe

2035 will Airbus das erste wasserstoffbetriebene Flugzeug in die Luft bringen. Dazu forscht der Flugzeugbauer gerade intensiv an zwei Optionen: zum einen an der Verbrennung von Wasserstoff in einer Gasturbine, zum anderen am Einsatz von Brennstoffzellen zur Umwandlung von Wasserstoff in elektrische Energie. „Möglich wäre auch eine Hybrid-Version. Die Entscheidung darüber wollen wir 2028 fällen. Dann bleiben noch sieben Jahre für die Industrialisierung und Zertifizierung, bis wir in den Service gehen“, erklärte Airbus-Forschungsleiterin Nicole Dreyer-Langlet beim HEY/Mobility Hamburg Festival. Voraussetzung ist jedoch eine ausreichende Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff sowie eine tragfähige Infrastruktur. Um letzteres zu gewährleisten, ist Hamburg Airport Ende vergangenen Jahres als erster deutscher Flughafen dem internationalen Netzwerk „Hydrogen Hub at Airports“ beigetreten.

Sharing Economy: E-Roller in der Hafencity
Sharing Economy: E-Roller in der Hafencity

Mikromobilität und Sharing Economy

Passagierflugzeuge transportieren auf einem Flug mehrere hundert Menschen, doch wie steht es mit der Mikromobilität? Eine Studie des Beratungsunternehmens McKinsey & Company von 2019 zum Marktpotenzial von Elektrorollern, E-Bikes und E-Tretrollern kommt zu dem Ergebnis: „Bis 2030 lassen sich mit diesen Angeboten in Europa bis zu 150 Milliarden Dollar umsetzen, weltweit sogar bis zu 500 Milliarden Dollar.“ Gerade bei der Kombination verschiedener Mobilitätsangebote werden Sharing-Dienste für die letzte Meile interessant. „84 Prozent der Deutschen sehen Sharing-Angebote als umweltfreundliche Alternative zu bestehenden Mobilitätsangeboten“, hat eine aktuelle Bitkom-Befragung ergeben. Am häufigsten geteilt werde demnach das Fahrrad mit 23 Prozent, gefolgt vom E-Scooter-Sharing (19 Prozent), Car-Sharing (17 Prozent) und Roller-Sharing (fünf Prozent). „Dass immer mehr Menschen die Wahl haben zwischen privatem Gebrauch und Sharing-Angeboten, wird auch das Stadtbild nachhaltig verändern“, ist Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder überzeugt.

Hamburg News-Journalistin bei Testfahrt mit fahrendem Koffer
Hamburg News-Journalistin bei Testfahrt mit fahrendem Koffer

Vielfältige Facetten urbaner Mobilität

An einer besonderen Erweiterung von Sharing-Angeboten forscht aktuell die HAW Hamburg. Am Institut für Produkt- und Produktionsmanagement wurde ein autonom fahrender „Blindenhund" entwickelt: der Shared Guide Dog 4.0. Dazu wurde ein elektrisch betriebener Rollator mit Sensoren und einem GPS-System ausgestattet, um Blinden und Sehbehinderten die sichere Navigation zu einem Ziel ihrer Wahl zu ermöglichen. Als Einsatzgebiete stellt sich das Projektteam Alten- und Pflegeheime vor, aber auch Krankenhäuser oder Flughäfen.

Eine weitere originelle Facette urbaner Mobilität ließ sich beim HEY/Mobility Hamburg Festival testen: ein selbstfahrender elektrischer Koffer. Das Airwheel-Modell bringt es auf eine Geschwindigkeit von 10 km/h, ist 14 Kilo schwer und hat ein Fassungsvermögen von knapp 30 Liter. Der chinesische Hersteller intelligenter Transportsysteme stellt sich einen Einsatz für den Transport zur Arbeit oder bei Städtereisen vor. Oder einfach nur zum Spaß.
ys/mm

Quellen und weitere Informationen

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